Traumobjektiv Noctilux

Es werde Licht – diesen Stossseufzer hat wohl jeder Fotograf schon öfters getan. Die Fotoindustrie hat darauf mit höheren ISO-Zahlen und Bildstabilisatoren geantwortet, durchaus erfolgreich, aber irgendwann helfen einfach nur noch lichtstärkere Objektive. Ein Klassiker und der Traum ganzer Fotografengenerationen ist das Noctilux von Leica.

In den 70er Jahren gerechnet, in der Tradition einer Zeit in der technische Bestmarken gesetzt wurden ohne Rücksicht auf Kosten (Mondlandung, Concorde…) brachte Leica die erste Version des Noctilux mit einer Lichtstärke von 1.0 auf den Markt. Die neueste Generation bringt es sogar auf 0,95 ! Allerdings zu einem Preis, der die meisten Fotografen ganz schnell wieder nach den Stabilisatoren schauen lässt – 10.000 Euro.

Noctilux an Leica M9 bei Offenblende 1.0
Noctilux an Leica M9 bei Offenblende 1.0

Es geht allerdings auch günstiger, die Versionen aus den 70er und 80er Jahren sind gebraucht ab 3000 Euro erhältlich und da es eigentlich 2 Objektive in einem sind, sind wir dann noch bei 1500 € pro Linse, das klingt schon besser oder?
Zwei Objektive deswegen, weil die Abbildungsleistungen unter 2.0 einerseits eine ganze Reihe optischer Fehler deutlich zeigen, die den Bildern andererseits den unnachahmlichen Charakter eines Noctilux Fotos geben. Die Bildschärfe ist bei Offenblende in der Bildmitte gut, fällt zu den Rändern aber krass ab. Gleichzeitig ist die Schärfeebene keine Ebene sondern gleicht mehr der Oberfläche einer Kugel – das erzeugt eine Bildwirkung die den Blick des Betrachters in die Bildmitte lenkt. Die Tiefenschärfe ist bei Offenblende extrem gering und Spitzlichter im Hintergrund zeigen polygonale Formen, die einzigartig sind.

Ab Blende 5.6 haben wir ein ganz neues Objektiv an der Kamera, gestochen scharf bis in die Ecken, eine wunderbare Auflösung auch feinster Strukturen und fast keine Farbsäume an Kontrastkanten. Einfach grossartig!
Das aktuelle Noctilux ist, was die Farbsäume betrifft, sogar etwa schlechter als die alte Version. Wichtig zu beachten ist ein Focusshift (die Verschiebung der Schärfeebene bei Abblendung), besonders bei Objektentfernungen unter 3 Meter. Am besten ihr macht am Anfang Testreihen, beispielsweise mit Entfernungen 1/3/5 Metern und Blende 1.0/2.0/5.6, dann wisst ihr wenn es schnell gehen soll, wie ihr die Entfernungseinstellung modifizieren müsst.
Das hört sich schlimmer an als es ist, aber die Qualität einer Stradivari wird auch nur der hervor kitzeln, der sich mit seinem Instrument genau vertraut gemacht hat.

Fantastische Detailzeichnung und Farbbrillianz: Noctilux an Fuji X-Pro1 bei Blende 8.0
Fantastische Detailzeichnung und Farbbrillianz: Noctilux an Fuji X-Pro1 bei Blende 8.0

An der Fuji montiert wird die ganze Geschichte frontlastig, immerhin sprechen wir beim Noctilux von 600 Gramm Glas und Metall! Da aber eine Hand sowieso an der Entfernungseinstellung liegend das Gewicht abfängt, ist das kein Problem. Die hohe Lichtstärke erleichtert das manuelle Fokussieren, die seidige Entfernungseinstellung und die präzise rastende Blende sind immer wieder ein Genuss.
Auf jeden Fall werdet ihr den Stossseufzer vom Anfang mit dem Noctilux seltener von euch geben!

 

 

 

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